Augsburg

Kneipp-Verein

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Sebastian Kneipp

Sebastian Kneipp

17. Mai 1821 – 17. Juni 1897

Sebastian Kneipp (1821-1897), Priester und Naturheiler, war Begründer einer umfassenden Gesundheitslehre. Sein Konzept vereint in fünf Säulen die wichtigsten Naturheilverfahren: Wasseranwendungen, Heilpflanzen, Ernährung, Bewegung und Lebensordnung. Es sollen alle Heilkräfte zusammenwirken, um Körper, Geist und Seele zu stärken.

Kneipps Lehre von einer natürlichen, einfachen Lebensweise hat weite Verbreitung gefunden. Sie wird in zahlreichen Kneipp-Vereinen praktiziert und weitervermittelt. Sebastian Kneipps epochale Leistung war, für Prävention und Gesundheitsförderung eine Tradition begründet zu haben.

 

Sein Leben

Sebastian Kneipp wurde am 17. Mai 1821 in Stephansried bei Ottobeuren als viertes Kind der Weberfamilie Maria Rosina und Franz Xaver Kneipp geboren. Er hatte zwei Stiefschwestern, Magdalena und Maria, sowie eine ältere und eine jüngere Schwester, Viktoria und Theresia.

Kneipps Kindheit und Jugend waren geprägt von drückender Armut. Schon mit elf Jahren musste er das Weberhandwerk erlernen, um zum Unterhalt der Familie beizutragen. Doch in dem wissbegierigen Buben reifte früh der unerschütterliche Wunsch, Geistlicher zu werden.

Dank der Hilfe eines entfernten Verwandten, des Kaplans Matthias Merkle, konnte er mit 23 Jahren das Gymnasium in Dillingen besuchen. Während der Schulzeit erkrankte Kneipp schwer an einer Lungentuberkulose, trotzdem schaffte er es, das Gymnasium zu absolvieren und in München mit dem Theologiestudium anzufangen.

Zu Studienbeginn stieß Kneipp auf das Buch »Unterricht von Kraft und Wirkung des frischen Wassers« des Arztes Johann Siegmund Hahn. Voller Hoffnung setzte der immer noch arg geschwächte Kneipp das neue Wissen sogleich in die Praxis um. Durch geduldiges Wiederholen von kalten Wasseranwendungen wurde er wieder gesund.

Nach seiner Priesterweihe war Kneipp zunächst als Kaplan in Biberbach, Boos und Augsburg tätig, bis er 1855 als Beichtvater an das Dominikanerinnenkloster nach Wörishofen berufen wurde. Zu diesem Amt als geistlicher und wirtschaftlicher Leiter des Klosters kam 1881 die Stelle des Ortspfarrers von Wörishofen hinzu.

Kneipps Wissen als Naturheiler wäre für die Nachwelt verloren gegangen, hätten ihn nicht Freunde dazu überredet, seine Erfahrungen auf dem Gebiet der Gesundheit niederzuschreiben. 1886 erschien sein Buch »Meine Wasserkur«, das sich in kurzer Zeit zu einem Bestseller entwickelte. Auch das 1889 herausgegebene Werk »So sollt ihr leben« wurde ein großer Erfolg.

Den späten Ruhm und Reichtum nutzte Kneipp zur Errichtung seiner Stiftungen Sebastianeum, Kinderheilstätte und Kneippianum. Sein wichtigster Förderer war Erzherzog Joseph von Österreich-Ungarn, auf dessen Vorschlag hin Pfarrer Kneipp von Papst Leo XIII. zum Päpstlichen Geheimkämmerer mit dem Titel Monsignore ernannt wurde.

Am 17. Juni 1897 verstarb Sebastian Kneipp im Alter von 76 Jahren an einem Tumor.

Kneipp und Augsburg

Für die Beziehung zwischen Kneipp und Augsburg gibt es eine Reihe interessanter Beispiele.

Aufenthalt als Privatschüler (1843/44)

Über diese Zeit heißt es in Kneipps Selbstbiographie: »In Grönenbach ging es mir soweit recht gut, doch bald kam der Herr Kaplan als Stadtkaplan nach Augsburg und dort habe ich meine Privatstudien bei ihm fortgesetzt.« Kaplan Merkle hat für seinen bedürftigen Schüler sogenannte »Freitische« besorgt, etwa beim Domdekan Stadler und bei der begüterten Familie Platzer. Durch kostenlose Verpflegung halfen wohlhabende Bürger mittellosen Mitmenschen beim Lebensunterhalt.

Priesterweihe im Augsburger Dom (1852)

Bischof Peter von Richarz weihte Sebastian Kneipp am 6. August zum Priester.

Kaplan in St. Georg (1854/55)

Kneipps Amtszeit als dritter Stadtkaplan in St. Georg dauerte knapp ein halbes Jahr. Sein Vorgesetzter, Stadtpfarrer Dr. Wankmüller, ermahnte ihn, kein Ärgernis durch unerlaubte Krankenbehandlung zu erregen; das nahm sich Kneipp fest vor. Doch später bekannte er, dass ihn auch dort alle guten Vorsätze im Stich ließen und er so manchen Rat gegeben hat, wie man sich mit Wasser Hilfe verschaffen könne. In der Gemeinde gewann sich Kneipp bald viele Sympathien, und besonders die Jugend hielt zu ihm, weil sie dessen lebendigen, anschaulichen Religionsunterricht gern besuchte. Als Kneipp im April 1855 seine Versetzung nach Wörishofen erhielt, bat die Gemeinde den bischöflichen Generalvikar, man möge doch Kneipp in seiner Stellung belassen. Der Beschluss aber blieb unverändert.

Die falsche Todesnachricht

Anfang September 1889 meldeten Zeitungen den Tod von Pfarrer Kneipp. Daraufhin schrieb dieser am 9. September folgende Mitteilung an die Augsburger Postzeitung: »Zu meinem großen Erstaunen hat sich nach überall hin die Nachricht verbreitet, ich sei gestorben. Es ist dieses nichts anderes, als eine boshafte Erfindung, deren Ursprung nicht unschwer zu ermitteln ist. In Folge der Aufregung, welche sich auf diese Nachricht hin vieler meiner Freunde bemächtigt hat, sehe ich mich genöthigt, zu erklären, daß ich, Gott sei Dank, vollkommen gesund bin und mich in meinem Alter von 69 Jahren so wohl und rüstig fühle, wie wohl Wenige. Im Uebrigen sage ich allen lieben Bekannten und Freunden, welche aus Anlaß dieses meines angeblichen Todes mir ihre Theilnahme durch Telegramm, Brief oder persönliches Eintreffen zum vermeintlichen Leichenbegängnisse in so überaus liebevoller Weise bewiesen haben, meinen herzlichsten und aufrichtigsten Dank.« (in: Augsburger Postzeitung, 11. September 1889)

Naturheil-Verein Augsburg

Ursprung des Augsburger Kneipp-Vereins war der Naturheil-Verein, gegründet am 9. September 1889. Dieser Verein beabsichtigte »den Sinn und das Verständnis für naturgemäße Heilkunde und Lebensweise zu wecken und zu fördern, medizinischen Aberglauben zu bekämpfen und seinen Mitgliedern nach Möglichkeit der Verhältnisse die Pflege ihrer Gesundheit zu erleichtern.« Die gedankliche Nähe zur kneippschen Gesundheitslehre lässt vermuten, dass die Vereinsgründer das Buch »Meine Wasserkur« kannten, das seit Oktober 1888 in 5. Auflage vorlag.

Ehrenmitglied im Naturheilverein Augsburg

Kneipps Ehrenmitgliedschaft in unserem Verein wird durch ein Gedenkblatt überliefert, das der Zentralverein Wörishofen zum Tod Kneipps herausgegeben hat. Bisher konnte kein genauer Zeitpunkt festgestellt werden, wann die Ernennung erfolgte. Vielleicht kam es im Jahr 1892 dazu, als der Naturheilverein den Zusatz »Kneippverein Sektion Augsburg« erhielt.

Besuch beim Wasserdoktor

Josef Stork, Gründungsmitglied unseres Vereins, war Kneipp persönlich begegnet. Seine Erzählung hat der langjährige Vorsitzende Carl Geyer so überliefert: »In diese Zeit – 1894/95 – fällt auch mein Besuch bei dem Wasserdoktor in Wörishofen. Ich arbeitete damals als Modellschreiner in der M.A.N. und hatte stets mit Magenbeschwerden zu tun. Mein Werkstattkollege hatte chronisches Lungenleiden. In der Vesperpause besprachen wir uns und kamen zu dem Entschluß, bei Pfarrer Kneipp in Wörishofen, von dem man täglich in der Zeitung lesen konnte, Heilung zu suchen. Kneipp stand damals auf der Höhe seines Ruhms, sein Name war in aller Munde. An einem schönen September-Sonntag fuhren wir beide nach Wörishofen, ich und mein Kollege. Wir gingen vom Bahnhof aus direkt in den Pfarrhof. In den Gängen des Pfarrhauses warteten ungefähr ein Dutzend heilungsuchende Menschen. Als der Pfarrherr von der Kirche kam und die vielen Leute in seinem Hause sah, begrüßte er uns nicht gerade liebenswürdig mit den Worten: ›Ja, was ist denn jetzt dös, meint Ihr, ich will nicht auch meinen Sonntag haben? Schaut’s allsamt, daß Ihr weiterkommt und kommt’s meinetwegen morgen.‹ Die so Begrüßten leisteten dieser nicht mißzuverstehenden Aufforderung zum Gehen unverzüglich Folge und gingen. Auch ich nahm meinen Hut und Stock und wollte gehen. Da packte mich mein Kollege, der mit mir gekommen war, unterm Arm und flüsterte mir ins Ohr: ›Bleib da, der wird uns auch nicht fressen, wenn wir an der Türe seines Arbeitszimmers anklopfen.‹ Als wir ihm sagten, daß wir von Augsburg kommen, keinen Urlaub haben – Urlaub gab es damals in den Fabriken nicht, dafür aber 12- bis 15stündige Arbeitszeit –, auch kein Geld haben, um nochmals die Reise nach Wörishofen zu machen, nahm er uns gleich vor. Kneipp ließ sich unsere Krankengeschichte erzählen, verordnete jedem ein Tränklein, gab uns Verhaltungsmaßregeln und empfahl uns, in einigen Wochen wieder zu kommen. Als wir nach der Schuldigkeit fragten, schüttelte Kneipp seinen mächtigen, grauen Kopf und erklärte: ›Ihr seid Arbeiter, da verlang ich nichts.‹ Das war meine denkwürdige Begegnung mit dem genialen Manne, der wurzeltief mit seinem Volke verbunden war und immer nur helfen wollte.«

Gedenktafel bei St. Georg (1929)

Anlässlich seines 40jährigen Bestehens ließ unser Verein zur Erinnerung an Kneipps Zeit in St. Georg eine Bronzetafel mit dessen Bildnis an das Pfarrhaus anbringen. Die Inschrift lautet: »In der Pfarrei St. Georg wirkte als Kaplan im Jahre 1855 der große Gesundheitsapostel Pfarrer Sebastian Kneipp. Sein Leben war im Dienst an der leidenden Menschheit. Kneippverein Augsburg 15. September 1929«.

Sebastian-Kneipp-Gasse (1937)

40 Jahre nach dem Tode Kneipps wurde im Juni 1937 auf Antrag unseres Vereins die von der Georgenstraße abzweigende Georgengasse umbenannt in »Sebastian-Kneipp-Gasse«.

Kneipp hat hier während seiner Zeit als dritter Stadtkaplan von St. Georg von November 1854 bis April 1855 in einem Dachzimmer des Anwesens F 287 (heute Haus Nr. 5) gewohnt.

Kneipp Literatur

Mehr als 100 Jahre nach dem Tod von Sebastian Kneipp haben die Auflagen seiner Bücher sowie die Publikationen über sein Leben und Werk einen immensen Umfang angenommen. Deshalb beschränken sich hier die bibliographischen Angaben auf ein Minimum.

Bücher von Kneipp (in Klammern Erscheinungsort und -jahr der Erstausgabe):

  • Meine Wasserkur, (Kempten 1886) Bad Wörishofen 1994
  • So sollt ihr leben, (Kempten 1889) Bad Wörishofen 1989
  • Ratgeber für Gesunde und Kranke, (Donauwörth 1891) Wiesbaden 1982
  • Aus meinem Leben. Selbstbiographie, (Wörishofen 1891) Bad Wörishofen 2005
  • Mein Testament für Gesunde und Kranke, (Kempten 1894) Bad Wörishofen 1997
  • Codizill zu meinem Testament für Gesunde und Kranke, (Kempten 1896) München 1922

Bücher über Kneipp:

  • Ludwig Burghardt, Sebastian Kneipp. Helfer der Menschheit, Bad Wörishofen 1988
  • Judith Mariafai / Walter Kostenbauer, Sebastian Kneipp. Bildband, Bad Wörishofen 1993
  • Eberhard Schomburg, Sebastian Kneipp. Die Lebensgeschichte eines außergewöhnlichen Mannes, Bad Wörishofen 1994